Wenn Nähe noch besetzt ist

Du stelltest mir die Frage, ob ich auf der letzte Party gelacht, getanzt und ob ich jemand anderen kennengelernt hätte. Ja, vielleicht habe ich oder nein, vielleicht habe ich nicht. Aber, dass ausgerechnet du mir diese Frage stelltest, machte mich einen Moment traurig und ich brauchte etwas Zeit für eine ehrliche Antwort.

Du hast mich noch immer nicht verstanden, nicht wahr? Vielleicht ist es auch nicht zu verstehen… nicht mit dem Verstand. Es ist total verrückt und trotzdem will ich versuchen, es dir noch einmal zu erklären.

Da war dieser verdammte Sturm, der uns beide von einem Moment auf den anderen vom gemeinsamen Spielfeld fegte. Wir hatten uns so fest vorgenommen, es niemals zuzulassen, dass so ein Orkan, aus welcher Richtung auch immer, uns das kaputt machen kann, was wir erleben durften. Da war so viel Spaß, so viel Feuer, Leichtigkeit, Unbeschwertheit, strahlende Augen, unser Leuchten und Liebe… ja, wir waren einfach diese Liebe. Aber sie hat dem Sturm nicht standgehalten. Vielleicht haben wir uns nicht fest genug gehalten, vielleicht hatten wir aber auch auf unserem Spielfeld von Anfang an gar keine Chance. Was nützt es jetzt noch, nach einem Grund zu suchen?

Als der Orkan vorüber war und ich noch meine Wunden vom Fallen leckte, sagten sie, ich müsse diese, unsere, Geschichte, loslassen. Sie sagten auch, dass die Zeit dafür sorgen wird, dass ich dich vergessen kann und sie sagten, ich solle raus gehen, um jemand anderen zu finden. Und du? Denkst du wirklich das Selbe? Obwohl du sehr wohl weißt, dass man Leben nicht loslassen kann. Und wir beide sind das pure Leben.

Hast du eigentlich gewusst, dass ich dich in dieser Zeit vor dem Sturm geatmet habe? Ich habe jeden Moment deiner Nähe – ich habe dich – so wahnsinnig inhaliert, so tief eingeatmet und scheinbar vergessen, wieder auszuatmen. Wenn du wortlos meine Hand genommen und festgehalten hast, waren es tausende Blitze zwischen unseren Händen, die mich aufgeladen, mich elektrisiert und komplett unter Strom gesetzt haben. Deine Stimme ließ das Feuer in mir so lichterloh brennen, dass mein Verstand verglühte und mein Herz keine Antworten mehr brauchte. Ich fing das Leuchten deiner Augen ein, wenn du mich angeschaut und das gesehen hast, was sonst niemand sah.

Und nun? Ja, trotz der langen vergangenen Zeit ist alles noch da. Ich atme immer noch von dir, wenn ich in dieser Welt scheinbar keine Luft mehr bekomme. Ich schöpfe Kraft aus dem Akku, das du nur durch deine Hand damals aufgeladen hast. Wenn alles um mich herum kalt ist, höre ich deine Stimme und dann wärmt mich das Feuer, welches sofort wieder auflodert. Und in der Dunkelheit, wenn nur noch alles schwarz ist, erinnere ich mich an das Leuchten deiner Augen, damit auch ich wieder sehen kann.

Kannst du die Antwort auf deine Frage nun in diesen Worten finden? Verstehst du, warum es für mich unmöglich ist, jemand anderem nah zu sein? Glaube mir, ich will es so nicht. Aber das Leben fragt nicht danach was ich will. Es macht eben manchmal solche Dinge mit einem.

Doch wer weiß… Wenn ich irgendwann eines Tages endlich aufhören kann, in jedem anderen Mann dich zu suchen, dann traut sich vielleicht auch jemand, mich so zu begeistern wie du, mich zum Lachen zu bringen wie du, mit mir so leicht und verrückt zu träumen wie du, mich zu elektrisieren und brennen zu lassen wie du…

… und vielleicht meine Hand in einem aufkommenden Sturm einfach nur einen Moment länger festzuhalten, als du es konntest.

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