Wenn Lust und Liebe nicht aufeinander treffen

Dein nackter Körper liegt ganz nah an seinem. Es knistert zwischen seiner und deiner Haut. Du fühlst seine Hände auf dir und er kann ebenso deine spüren. Er gelangt ganz vorsichtig in jene Regionen, die dich zucken und deinen Körper ganz leicht vibrieren lassen. Du lässt es zu und lauschst dabei seinem Atem, während er auch deine Hände gewähren lässt. Du weißt, wo das jetzt hinführen wird und du wehrst dich nicht dagegen. Du lässt es geschehen.

Aber du zweifelst und schämst dich, weil dein Verstand dich so irre laut anschreit und daran erinnert, dass das, was du hier tust, nicht richtig sei. Du schließt die Augen, um nicht zu sehen und du presst die Lippen zusammen, um diese Gedanken nicht vor ihm auszusprechen, nicht jetzt. Denn deine geschlossenen Augen sehen jemand Anderen, dein Körper fühlt nicht diese, sondern andere Hände, die dich so sanft dort streicheln, wo du zu explodieren drohst. Und ja, du weißt genau, dass auch seine geschlossenen Augen eine Andere sehen, dass auch er so gerne die Hände einer anderen Frau auf sich fühlen möchte. Ihr wisst es beide voneinander.

Es werden keine gelogenen Worte geflüstert. Ihr seid still und hört nur euer Atmen, das langsam schneller wird. Du weißt, dass du morgen früh nicht neben ihm aufwachen wirst. Es wird auch keine verliebten Blicke am Frühstückstisch geben, weil er nachher – danach – geht. Und das ist gut so. Denn, was hier passiert, lässt dein Herz nicht brennen, es berührt dich nicht so tief, wie es eigentlich sein sollte und deine Seele schluchzt ganz leise dabei vor Sehnsucht nach diesem Anderen, egal, wie sehr dein Körper dieses Geschehen im Augenblick genießt.

Du weißt, dass er, der jetzt so nah bei dir liegt, auch nicht wirklich bei dir ist. Und du ahnst, dass seine Gedanken und Vorstellungen in dieser Situation deinen sehr ähneln. Es sind nur eure Körper, die sich einfach dem hingeben, was sich gerade gut anfühlt, aber nicht eure Gedanken, nicht eure Gefühle und auch nicht eure Liebe. Die habt ihr beide woanders geparkt. Aber ihr seid so verdammt fair zueinander, weil ihr dem, der euch gerade jetzt gut tut, nichts vormacht. Es gibt keine falschen Spielchen oder Versprechungen und damit auch keine späteren Enttäuschungen. Ihr seid zwei Sehnende, zwei Vermissende, die so tief und ehrlich lieben… nur nicht sich gegenseitig.

Die Welt dort draußen würde nicht verstehen, dass sich hier lediglich zwei Körper berühren. Sie meint, dass dazu immer diese hochgepriesene und für uns wunderschön mit Romantik bunt ausgemalte Liebe gehört. Anders wäre es nur eine schmutzige und billige Bettgeschichte. Das ist aber nicht wahr! Man kann jemanden so wahnsinnig und aufrichtig lieben, ohne ihn zu berühren und man kann ebenso diese natürliche Lust für einen Moment respektvoll mit jemandem ausleben, ohne sich der uns gelehrten Liebe verpflichtet zu fühlen. In beiden Fällen kommt es nur auf die Ehrlichkeit an. Dann ist keines davon ein Grund sich schämend dafür zu verstecken.

Hab kein schlechtes Gewissen. Lass deinen Körper seine Natürlichkeit und damit diese Lust spüren und sich dem hingeben. Letztendlich sind ohnehin Jene, die sich darüber empören und echauffieren, die Selben, die jahrelang in angeblich perfekten Partnerschaften genau das leben, was du hier klar trennend geschehen lässt.

Dass es das Größte und Kostbarste ist, wenn Körper und Herz gemeinsam brennen und beben, wenn Gefühl und Nähe zusammen verschmelzen, weißt und vermisst natürlich auch du…

… wenn du später allein in deinem Bett einschlafen wirst.

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