Wenn ein junges Mädchen träumt

Ich war ein Teenager, eigentlich noch ein Kind, und ich wollte reden. Meine Eltern waren Alkoholiker und ich hatte drei jüngere Geschwister. Es war schwer, den Mantel der Verantwortung in diesem Alter zu tragen. Viele Menschen wussten, welche Hölle wir Kinder erlebten, aber es reagierte und half niemand. Ich wollte gehört werden, als um uns herum alle Ohren taub und alle Augen scheinbar blind wurden. Also begann ich mein Tagebuch zu schreiben. Das Papier hielt meine Hilflosigkeit, meine Ängste, meine Traurigkeit, aber auch meine Sehnsüchte und Wünsche aus. Ich lachte draußen und verzweifelte beim Schreiben an meinem Schreibtisch. Aus einem Tagebuch wurden viele.

Irgendwann begann ich ausgedachte lustige Geschichten zu verfassen. Von Freunden oder Familie wurden sie gerne gelesen. Aber kaum jemand wusste, dass ich auch Gedichte schrieb. Diese Gedichte spiegelten in anderer Form wieder, was ich zuvor ins Tagebuch geschrieben hatte. Sie enthielten viel Traurigkeit und Unverständnis, aber auch all die Liebe und Freude an vielem, was ich außerhalb meines Zuhauses wahrnahm und fühlte. Ich zeigte sie kaum jemandem. Denn, wie es in mir aussah, interessierte ja die Blinden und Tauben ohnehin nicht. Aber ich träumte einen Traum. Den Traum, irgendwann in meinem Leben mich selbst in einem Buch zu verwirklichen. Mich eines Tages auf Seiten aus Papier in dieser Welt zurückzulassen.

Dann erwischte mich das Leben. Heirat, Kinder, die Wende, Trennung und Neuorientierung. Ich musste funktionieren und hatte keine Zeit, mich und meine Gedanken auf Papier auszudrücken. Ich hatte keine Zeit mehr für meinen Traum. Aber all das, was ich auch in dieser Zeit niemandem sagen konnte, nahm mir den Atem und manches Mal schien ich daran fast zu ersticken. So viel Gefühl, so viele Fragen und so viel Kopfschütteln für das, was ich um mich herum beobachtete und am eigenen Leib erfuhr, musste raus. Im größten Schmerz und der tiefsten Trauer begann ich wieder zu schreiben. Nur für mich, für das Befreien meiner Seele.

Und dann traf ich vor drei Jahren auf jemanden, der sagte, ich solle damit in die Welt gehen. Ich wehrte mich, weil ich es gewohnt war, dass Menschen nur ausgedache Phantasien lesen wollen, schöne Geschichten eben. Was ich zu sagen hatte, war aber nicht immer schön. Wer sollte schon mein Leben und die daraus resultierenden Gedankenkonstrukte lesen wollen? Wer hatte denn bisher verstanden, was in mir vorging? Dieser Jemand ließ nicht locker und behauptete, es gäbe dort draußen viele, die so denken und fühlen wie ich, die sich in meinen Worten wiedererkennen und sie verstehen könnten. Ich bezweifelte das sehr lange.

Da dieser Mensch, der mir begegnete, mich aber vehement schubste und penetrant nervte, betrat ich mit meiner Schreiberei, und damit meinem Leben, irgendwann die große virtuelle Welt. Seit Ende 2017 streue ich meine Texte in Social Medien. Fast 4.000 Menschen folgen mir bisher und lesen, was ich zu sagen habe. Sie verschließen nicht Augen und Ohren. In ihnen schlagen offene Herzen, die verstehen, wie ich denke, fühle, wahrnehme und lebe, weil es ihnen genauso oder ähnlich geht. Ich bekomme so unglaublich liebevolles Feedback und lernte dadurch bereits großartige Menschen kennen. Nein, ich schreibe nicht, um irgendjemandem zu gefallen oder nach dem Mund zu reden. Wenn ich schreibe, bin ich ehrlich zu mir und zu jenen, die meine Worte lesen. Die Reaktionen, Kommentare und Nachrichten auf meine Texte zeigen mir, dass ich nicht allein bin und sehr viele Ungehörte dort draußen sind, die sich in meinen Worten wiedererkennen. Ich schreibe jetzt nicht mehr nur für mich, sondern auch für sie. Wie wunderbar sich das anfühlt, kann selbst ich nicht in Worte fassen.

Dieser Mensch, der mich ziemlich grob hierher stieß, aber auch ihr habt mich angetrieben, all das, was irgendwo im World Wide Web von mir zu lesen ist, in ein Buch zu packen, es endlich zu bündeln. Das habe ich nun getan.

Ab sofort könnt ihr dieses Buch, vollgepackt mit meinen erfahrenen Geschichten, Sichtweisen, Gedanken und Gefühlen im Buchhandel finden. In einigen Tagen wird es in weiteren Online-Shops und in ca. zwei Wochen auch als E-Book erhältlich sein.

Böse Zungen behaupten, dass niemand Geld für meine Texte – für mein Buch – ausgeben wird. Diese Menschen unterliegen wahrscheinlich auch dem Irrtum, dass so ein geschriebenes Buch reich macht. Das tut es nun wahrlich nicht.

Allerdings betrachte ich selbst jeden einzelnen Kauf dieses Buches als Wertschätzung meiner Zeit, meiner Arbeit und meiner ganz individuellen Persönlichkeit. Und wenn es hilft, dass sich auch der Käufer/die Käuferin in einigen meiner Zeilen erkennt oder ein wenig verstanden fühlt, dann ist das eine wunderbare Bereicherung für beide Seiten; vor allem aber für das junge Mädchen von damals, das jetzt endlich gesehen und gehört wird…

… und das doch mal einen großen Traum hatte. DANKE!

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