Über meine nichtsnutzigen Kinder

So so… ich habe erfahren, dass du noch immer da draußen lauthals verkündest, dass meine mittlerweile erwachsenen Kinder, wohl aufgrund falscher Erziehung durch ihre Mutter, „nichts taugen“ und „ihr Leben nicht auf die Reihe bekommen“.

Du meinst, meine Tochter ist komplett verrückt. Ja, natürlich muss sie das sein, denn sie hat gerade ihren so „sicheren“ Bürojob von heute auf morgen gekündigt, weil sie die Monotonie und Routine nicht mehr ertragen hat, weil sie seit frühester Jugend einen anderen Traum hatte und sich plötzlich die Chance bot, ihn jetzt zu leben. Was ist schon Sicherheit? Nichts in diesem Leben ist sicher, nicht einmal das Leben selbst. Was hat sie also zu verlieren? Du störst dich doch nur an ihrem Mut, ihrer Spontanität und ihrem Ehrgeiz, an all dem, was dir fehlt.

Du rümpfst die Nase über meinen Sohn? Das hast du schon getan, als er noch der kleine dicke, stotternde Junge war, der keinen Satz vollständig und am Stück sprechen konnte. Du hast auf ihn herabgeschaut, als er am Boden lag. Du lachst ihn noch immer aus, wenn er beim Einkaufen von allem das Doppelte in den Einkaufswagen legt. Aber du weißt ja auch nicht, wie sich der Hunger anfühlte und seine Angst, am nächsten Tag nichts mehr zu Essen zu haben. Auch ihm sind deine „Sicherheiten“ egal. Er ist schon ein wenig irre, wenn er nur hin und wieder jobbt und dann auch noch das verdiente Geld ins Tonstudio trägt. Aber hast du eine Ahnung, wie viel Freude er an seiner Musik hat, wie sehr er hofft, mit seinen Texten Menschen zu erreichen? Kannst du hören, wie er sein Leben in seinen Tracks verarbeitet?

Nein, meine Kinder verhalten sich nicht immer gesellschaftskonform. Sie tanzen aus der Reihe und gehen den Weg, der ihnen Spaß macht. Sie lachen dabei, weinen oder fallen auch mal. Doch dann stehen sie wieder auf und wenn Plan A und B nicht funktionieren, folgt eben Plan C… Das Alphabet hat noch so viele Buchstaben und sie sind noch so jung.

Ich habe verdammt lange versucht, die Beiden in Schubladen zu stecken, in die sie nicht passten. Ich dachte, sie müssten wie alle anderen funktionieren, um in dieser Welt, in dieser Gesellschaft, zu bestehen. Das war falsch, denn es war nicht ihr Weg, auf den ich sie schickte. Und es ging mächtig schief. Erst als ich die vielen anderen Türen nicht mehr verschloss, sondern diese öffnete und die Kinder alleine die Richtung bestimmen ließ, lernten sie zu fliegen. Sie erkannten ihre eigenen Talente, sie entwickelten ihre Wünsche und leben nun ihre Träume. Und egal, wie du sie siehst, für mich sind sie das Beste, was ich in diesem Leben gemacht habe.

Schaust du ihnen nur einmal genau zu, wenn sie miteinander und auch mit diesem Leben spielen? Siehst du, wenn sie offen und vorurteilslos auf Menschen zugehen? Spürst die Liebe und den Respekt, den sie dem Leben und sich gegenseitig entgegenbringen? Beachtest du ihre Hilfsbereitschaft und ihr Mitfühlen? Bemerkst du eigentlich ihr Löwenherz hinter ihren Tätowierungen?

Nein, du siehst all das nicht, sie passen nicht in dein Bild. Denn sie ruhen sich in keiner vermeintlich sicheren Komfortzone aus, weil sie Angst vor Veränderungen haben. Sie funktionieren nicht nach deinen Maßstäben, denn sie haben ihre eigenen.

Ein aufregendes Jahr mit meinen Kindern geht zu Ende und ich verspreche dir, sie werden dich auch im kommenden Jahr enttäuschen. Vielleicht werden sie dabei das ein oder andere Mal stolpern, aber glaube mir, du wirst sie nicht mehr fallen sehen, denn sie haben eine genauso durchgeknallte und verrückte Mutter, die die Beiden festhält, wenn Menschen wie du versuchen, sie zu schubsen.

Zum Schluss höre und sieh hier einen Moment hin, wie mein ehemals kleiner dicker, stotternder Sohn mit seinen Worten sein eigenes Leben, mein Leben und sogar dein Leben in seinem Musikvideo reflektiert…

… Und dann sei endlich still!

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