Total blockiert!

Seit einigen Tagen schreit mich mein Facebook an. Jedesmal, wenn ich es öffne, wird mir vorwurfsvoll in einem Fenster mitgeteilt, dass über 2.000 Follower darauf warten, dass ich endlich wieder einen Beitrag schreibe. Da du mir ein schlechtes Gewissen einreden wolltest, habe ich es nach deiner Aufforderung versucht, Facebook. Wirklich! Aber sorry, es klappt im Moment nicht.

Es geht mir nicht gut. Ich habe täglich wahnsinnige Schmerzen und der Motor in meiner Brust gerät zurzeit wieder mächtig aus dem Takt. Etwas stimmt mit meinem Körper nicht. Das macht mir Angst und ich sorge mich ein wenig um mich selber. Zusätzlich herrscht um mich herum gerade sehr viel Trubel, in welchen ich ungewollt eingebunden werde. Nachdem du, Facebook, mich ständig angebrüllt hast, ich solle schreiben, habe ich mich hingesetzt und angefangen. So einige Abende habe ich, trotz Schmerzen und ständiger Müdigkeit, versucht, meine Gedanken, Ereignisse, Beobachtungen und auch emotionalen Messerstiche in Worte zu fassen. Denn all das ist ja trotzdem da und wartet nur darauf, aufgeschrieben zu werden. Aber, jeder Versuch wurde zu einer Quälerei, einer verzweifelten Suche nach Worten. Letztendlich habe ich am Ende so eines Abends die Entf-Taste gedrückt und somit die stundenlange Arbeit wieder in einen leeren Bildschirm verwandelt. Ich bin im Moment nicht – wie ich es nenne – im Flow. Normalerweise sprudelt alles aus mir heraus und die Finger bringen von ganz allein die Tastatur zum Glühen. Aber jetzt ist jeder Satz eine unlösbare Aufgabe. Schreibblockade! Und dein ständiges Du-musst-schreiben, setzt mich unter Druck, Facebook, und dadurch geht bei mir gar nichts mehr.

Von diesem Druck ist nämlich genug im Außen. Jeder meint zu wissen, was ich tun muss. Ich MUSS doch endlich zum Arzt gehen. Ich MUSS mich doch freuen, dass mein Sohn demnächst heiratet. Ich MUSS mich freuen, dass meine Tochter mich in einigen Wochen ungefragt zur Oma macht. Ich MUSS mir doch endlich mal einen besser bezahlten Job suchen. Ich MUSS endlich erkennen, dass ich mich in Menschen getäuscht habe.

Aber hey, man möge mir doch den Zeitpunkt überlassen, an dem ich mich entscheide, einen Doktor aufzusuchen. Man möge auch die Gefühle einer Mutter verstehen, wenn ihr kleiner Bengel nun die Hand einer anderen Frau hält. Man möge mir bitte Zeit geben, mit der Vorstellung „Oma“ genannt zu werden, zurechtzukommen. Ich möchte auch allein entscheiden, ob ich meinen Job, der mir doch Spaß macht, aufgebe, und nicht ständig mit Stellenangeboten in die Enge getrieben werden. Und auch, ob jemand mir wirklich nicht gut tat, möchte ich für mich allein herausfinden.

Ich funktioniere nicht auf Knopfdruck. Ich fühle auch nicht auf Befehl. Ich brauche meine Zeit und den richtigen Zeitpunkt für alles. Aber das Wichtigste, es muss immer meins sein und nicht die Gedanken, Gefühle und Vorstellungen von anderen. Und selbst diese Schreibblockade, was auch immer gerade ihre Ursache sein mag, wird sich nicht auflösen, wenn mein Smartphone mich täglich anbrüllt, dass ich endlich schreiben soll. Die Worte in meinem Kopf werden sich erst dann wieder zu vernünftigen Texten formatieren, wenn ich bereit dafür bin. Aber bis dahin muss ich mich erst einmal um mich selber kümmern. Und ich bin mir sicher, dafür haben auch meine Facebook- und Website-Follower Verständnis.

Wie verrückt ist das eigentlich gerade? Beim Versuch zu erklären, weshalb ich nicht schreiben kann, habe ich doch schon wieder einen Text geschrieben…

…Wahrscheinlich, weil ich es heute so wollte und nicht, weil ich es musste.

Kommentar verfassen