Kokon

Du glaubst, du hast mich nackt gesehen.

Weil ich meine Kleider für dich abgelegt habe, denkst du, du hattest alles von mir.

Aber was hast du wirklich gehabt? Meinen Körper, nur meinen Kokon.

Du konntest mich anschauen, aber nicht sehen. Du konntest mich anfassen, aber nicht berühren.

Denn erst, wenn ich den Kokon öffne, kannst du mich erkennen, wenn ich mich mit allem zeige, was mich ausmacht, mit meinen Geschichten, mit meinem Schmerz, meinen Ängsten und meinen Zweifeln.

Auch berühren kannst du mich erst, wenn ich es zulasse, wenn ich den Kokon für dich abwerfe und du stark genug bist, alles was zum Vorschein kommt, sanft zu halten. Wenn du meine Liebe, mein Vertrauen, meine Sehnsüchte achtest und hütest, wie ein kostbares Geschenk. Denn, wenn ich mich dir zeige, in meiner ganzen Größe und Schönheit, gebe ich dir auch das Messer, mit dem du mich verletzen kannst.

Nein, du hast mich nicht nackt gesehen. Nackt sieht mich nur der, der ebenfalls seinen Kokon öffnet, damit auch ich ihn sehen und berühren kann.
Bis dahin ist alles nur Oberfläche.

Einen Kokon für einen Moment anzufassen, bedeutet nicht, den Schmetterling gefangen zu haben!

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