Ich bleib einfach bei dir liegen

Hey du, meine wunderbare Sonnenblume. Ich sehe, dass das Leben dir einen verdammt heftigen Sturm geschickt hat. Du, die einst so wunderschön und einzigartig in einem Feld voll tausend anderer Sonnenblumen für mich gestrahlt hat, wurdest geschüttelt, zersaust und gebogen. Du hast Blätter verloren, dein leuchtender Blütenkopf hängt etwas schräg und dein starker, dich aufrecht haltender Blütenstiel hat Risse bekommen.

All die anderen Sonnenblumen auf diesem Feld drehen sich weg. Für sie bist du nicht mehr so schön, du passt nicht mehr zu ihnen und sie können dein einst grelles Leuchten nicht mehr für ihr eigenes Licht missbrauchen, weil es nun hin und wieder etwas flackert.

Für mich aber bist du immer noch diese phantastische Sonnenblume. Du hast in meinen Augen nichts von deiner Schönheit, Stärke und deinem Glanz verloren. Ich kann all das immer noch sehen und mich so sehr daran erfreuen.

Trotzdem stehe ich hilflos vor dir und bin unfähig, deine Blessuren zu verarzten. Wie verzweifelt ich auch versuche, deine abgefallenen Blätter wieder anzukleben und deinen Blütenkopf in Richtung Sonne zu heben, es ist unmöglich für mich. Dieser verfluchte Sturm hat zu viel Schaden angerichtet.

Weißt du, was ich jetzt einfach tue? Ich lege mich zu dir! Dabei werde ich ganz still sein, damit ich dich nicht erschrecke. Du sollst nur spüren, dass ich ganz nah bei dir bin. Wenn ich weine, schau weg, denn mit diesen Tränen gieße ich dich lediglich ein wenig. Wenn dein wunderschöner Blütenkopf zu schwer wird und du dich für einen kurzen Moment nicht aufrecht halten kannst, stehe ich auf und stell mich stützend vor dich, bis du wieder allein stehst und ich mich zurück an deinen Fuß lege.

Glaube mir, ich möchte dich so verdammt gerne abpflücken und mit dir aus diesem Feld der Arroganz, Ignoranz und Selbstgefälligkeit verschwinden. Aber ich kann dich nicht einfach zu meinem Vergnügen abbrechen und mitnehmen. Was, wenn du unterwegs verwelkst? Also bleibe ich hier bei dir liegen, damit meine Tränen weiterhin deine Wurzeln gießen, mein Herz deine Risse küsst und mein Lachen deine drolligen Blütenblätter auch endlich wieder grinsen lässt. Das mache ich, solange es dir gut tut. Und wenn du irgendwann willst, dass ich dich komplett verpflanze, hole ich natürlich auch einen Spaten. Und wenn du willst, dass ich länger hier liegen bleibe, besorge ich mir ein bequemes Kissen.

All das wird dich nie wieder zu der Sonnenblume machen können, die du warst. Das weiß ich selber. Aber vielleicht kann ich hin und wieder das Akku für dein Leuchten und Strahlen ein wenig aufladen, selbst, wenn ich nur die bin, die als kleiner Schatten ungesehen an deinem Fuß verweilt, jedoch…

… immer noch jedes verbliebene Blatt an dir so verdammt lieb hat und mit einem Lächeln ganz vorsichtig streichelt.

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